Titel
Ein Gespräch zwischen der Restauratorin Helena Ernst und Mathis Burmeister
am Museum Die Neue Sammlung, München. [ 2023 ]
Intro
An einem der letzten hochsommerlichen Maitage treffe ich Helena Ernst in München. Als Restauratorin und inzwischen nun Doktorandin arbeitet sie am Museum Die Neue Sammlung. Wir setzen uns an einen etwas abgelegenen Platz im schattigen Außenbereich des Museumscafé. In der Nähe finden Besucher*innen auf leichten Metallstühlen die Möglichkeit für eine Pause und befüllen die Umgebung mit leisem Gelächter, erzählenden Stimmen und knirschenden Schritten über den Kiesboden. Gehalten von der beruhigenden Atmosphäre beginnen wir das Gespräch. Helena spricht sehr bedacht, hält immer wieder für einen kurzen Moment inne und sortiert gewissenhaft ihre Gedanken, die sie dann feinsinnig formuliert. Die angenehme Leichtigkeit der Begegnung öffnet einen Raum, um zuzuhören, nachzudenken, Fragen zu stellen und Überlegungen aufeinander zu stapeln.
Helena Ernst war Dozentin im Seminar, „Unboxing Campinggeschirr“ an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle. Als die Begeisterung über die Spurensuche am Archivobjekt Campinggeschirr auch im folgenden Semester anhält, treffe ich Helena wieder. Dann in München zu einem Interview.
Mathis Burmeister:
Helena, Du bist Restauratorin und nun am Museum Die Neue Sammlung in München.
Wie kam es dazu?
01
Helena Ernst:
Ja, wie kam ich denn hier her? Angefangen hat’s mit dem Restaurierungs-Studium in München. Und als studentische Hilfskraft habe ich dann regelmäßig an der Neuen Sammlung gearbeitet. Ich wusste schon bald, dass ich mich gerne auf moderne und zeitgenössische Materialien spezialisieren möchte, besonders auf Kunststoffe. Zuerst war ich kurz am Deutschen Museum angestellt. Dann kam ich aber plötzlich und ganz schnell an Die Neue Sammlung, in ein kleines, ganz tolles Team. Das lief sozusagen ideal für mich.
Und jetzt bist du Restauratorin und Doktorandin.
Wie lassen sich die Aufgaben der Restaurierung beschreiben?
02
Es kommt natürlich ein bisschen darauf an über welchen der vielen Restaurierungsbereiche
man sprechen möchte. Und von Museum zu Museum sind die Aufgaben ebenfalls sehr unterschiedlich, so gibt es nicht nur Museumsrestaurator*innen, sondern beispielsweise auch viele selbstständig tätige Restaurator*innen.
Hier an der Neuen Sammlung, kümmern wir uns stark um das Objekt-Handling, das bedeutet nicht nur, dass wir zu den vielen Depots reisen, die sich in ganz Bayern verteilen, die Objekte sichten, eventuell kleinere Restaurierungen durchführen und Zustandsprotokolle für Ausstellungen anfertigen, sondern auch intensiv am Ausstellungsaufbau und -abbau arbeiten und für die Montagen zuständig sind. Ehrlich gesagt, oft überwiegen das Verpacken und die Montagen und stellen das praktische Restaurieren, wie man es sich klassisch vorstellt, etwas zurück. [ Sie lächelt ]
Was genau meinst Du denn mit Montage?
03
Wann immer ein Objekt ausgestellt wird, schauen wir, dass es sicher ist. Nichts darf sich lösen, kippen oder stürzen, auch dann nicht, wenn beispielsweise Besucher*innen unachtsam einen Sockel streifen. Daher müssen Objekte montiert, sagen wir befestigt werden. Die Montage ist möglichst unsichtbar, reagiert nicht mit den, unter Umständen, empfindlichen Oberflächen und ist im Nachhinein wieder abnehmbar. Ach, das macht total viel Spaß, sich dafür etwas auszudenken.
Nicht nur Deine Aufgaben, sondern auch Dein Arbeitsumfeld scheinen in stetiger Bewegung zu sein.
Wo würdest Du dennoch die Restaurierung verorten – im Büro, der Werkstatt oder im Labor?
04
Tolle Frage! [ Sie denkt nach ] Als allererstes würde ich tatsächlich sagen in der Werkstatt. Aber auch im Büro, naja, eher am Schreibtisch und im Labor – also überall. [ Sie lacht ] Jetzt zeigen sich wohl bestens die beiden Bereiche der Restaurierung: Da gibt’s die Restaurierungsforschung am Schreibtisch und im Labor und die praktische Restaurierung in der Werkstatt. Knapp zusammengefasst: Die Forschung als wissenschaftliche Tätigkeit ist die Vorbereitung und Grundlage für die praktische Arbeit direkt am Objekt.
Dann ersetzen wir das „Büro“ durch den „Schreibtisch“?
05
Ja, absolut.
Du hast von den beiden Bereichen der Restaurierung gesprochen, der Restaurierungsforschung
und der praktischen Restaurierung …
06
… die sich zwar getrennt darstellen, aber dann doch Hand in Hand gehen. Unsere Objekte und jede Restaurierung sind sehr unterschiedlich. Klar, manches wiederholt sich, meistens sind es aber doch ganz individuelle Restaurierungsarbeiten. Dann machen wir zuerst kleine Versuchsreihen und testen unser Vorhaben. Das ist in der Werkstatt, die Recherche und Beurteilung am Schreibtisch – es ist ein Hin und Her.
Ich habe das Gefühl, nach Außen zeigt sich die Restaurierung vorwiegend von ihrer praktischen Seite.
Das Wissenschaftliche dagegen bewegt sich im Verborgenen.
07
Das glaube ich auch, zumindest ist das oft ein Eindruck der Museumsbesucher*innen.
Das liegt wohl daran, dass die Restaurierung aus dem Handwerk kommt. Erst als es sich
langsam zu einem Studium entwickelt hat, kam die Wissenschaft mehr und mehr hinzu.
Heute gibt‘s in Bayern noch voneinander unterschiedene Restaurator*innen im Handwerk neben studierte Restaurator*innen. Ich finde beide sehr wichtig, ganz besonders in ihrer Ergänzung.
Noch eine Frage zu Deinem Arbeitsumfeld als Restauratorin. Angenommen, in Gedanken gehst Du zu einem
Deiner Arbeitsplätze und betrachtest ihn für einen Moment.
Was ist dort zu sehen, wie beschreibst Du ihn?
08
Da denke ich gleich an meinen Materialwagen. Meistens parkt er neben dem Restaurierungstisch, auf dem sich nichts außer dem Objekt befindet. Ähnlich wie mein Notizbuch, das überall mit hinwandert, ist auch der Materialwagen immer dabei und auf Rollen schön beweglich. Er hat einige Fächer für Werkzeuge und Materialien. Da fällt mir zuerst das Mikroskop und eine Lupe ein, im Moment sogar in verschiedenen Ausführungen, dann die Taschenlampe und eine zusätzliche Lichtquelle mit UV-Licht, Handschuhe für den gegenseitigen Schutz von Haut und Material und ein weicher Ziegenhaar-Pinsel sowie ein Tuch für erste, leichte Reinigungsarbeiten am Objekt. Literatur und Computer lasse ich lieber auf meinem Schreibtisch.
Bevor wir über das Restaurieren an einem konkreten Beispiel sprechen wollen, noch etwas Allgemeines.
Was meinst Du, wann ist es angebracht, eine Restaurierung durchzuführen?
08
Das kommt ganz auf den Zusammenhang an. Vielleicht beginne ich so: Es gibt die präventive Konservierung, die Konservierung und die Restaurierung. Die Konservierung bemüht sich den aktuellen Zustand des Objekts zu erhalten, oder zumindest den Alterungsprozess zu verlangsamen. Ihn zu stoppen klappt nicht. Die Restaurierung bezeichnet etwas Hinzugefügtes, das über das Objekt hinausgeht und total kontextabhängig ist. Als kleines Beispiel nehmen wir Die Neue Sammlung. Hier haben wir einen starken Designfokus und so stellt sich für die Restaurierung die Lesbarkeit des Designs in den Mittelpunkt. Fehlstellen an der Oberfläche eines Objektes möchten wir gerne schließen, damit das Design uneingeschränkt bestehen bleibt. Ein Museum, vielleicht mit dem Schwerpunkt Technikgeschichte, entscheidet sich bei den Restaurierungsmaßnahmen am selben Objekt eventuell ein bisschen anders. Der Erhalt, die Konservierung, des Objekts steht aber für alle und immer im Vordergrund. Alles darüber hinaus sollte diskutiert werden.
Und was zeichnet dann eine gute Restaurierung aus?
09
Für mich: [ Sie macht eine Pause ] Nachvollziehbare und reversible Maßnahmen. Schauen wir uns das Objekt an, auch nach vielen, vielen Jahren, sollte mit einer Dokumentation jedes Einwirken nachvollziehbar sein. Und alle ausgeführten Maßnahmen – im Idealfall - reversibel. Ja, das sind meine zwei wichtigsten Punkte einer guten Restaurierung.
Innerhalb eines Seminars an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle hast Du zusammen mit Studierenden ein Campinggeschirr-Set aus Kunststoff untersucht. Gestaltet wurde es von Hans Merz, produziert in der ehemaligen DDR zwischen 1957 und 1968. Auch hier im Museum ist es momentanen ein Teil der Ausstellung.
Wie näherst Du Dich speziell dem Objekt und wie gehst Du bei der Untersuchung vor?
10
Das uns gegebene Vorwissen macht den Einstieg etwas leichter, denn wir wissen schon, dass es sich um ein Campinggeschirr-Set handelt, haben die zeitliche Einordnung, das Herstellungsland und sogar den Designer.
Also gut, wir ziehen uns Handschuhe an und möchten einen ersten Überblick bekommen, um genau zu verstehen, was wir da so vor uns haben. Zuerst steht da nur eine Kanne mit verschlossenem Deckel, allem Anschein nach ein Drehverschluss. Wir öffnen ihn vorsichtig und sehen, dass sich das Geschirr, gestapelt in der Kanne befindet. Wir holen alle Bestandteile heraus und breiten sie vor uns aus, so können wir sehen und nachvollziehen, ob das Set überhaupt vollständig ist. Tatsächlich fehlen mehrere Teile, die wir notieren und später durch eine Recherche überprüfen. Alles andere vermessen wir und bestimmen das Gewicht. Restaurator*innen schauen meist schnell auf den Zustand des Objekts und achten besonders auf die Materialität. Die Oberflächen zeigen Spuren, auch die notieren wir uns. Dann möchten wir herausfinden, ob es Schäden sind, oder Veränderungen, die zur Objektgeschichte gehören. Dazu fragen wir nach dem Gebrauch und dem Material des Campinggeschirrs, dass uns die Spuren erklären kann. [ Dann denkt sie kurz nach und holt tief Luft. ] Genau, denn wenn wir wissen, welches Material wir haben, welche Spuren, Veränderungen und Schäden vorhanden sind, kann es erst weitergehen. Sollen die Objekte restauriert werden, oder wie können wir sie konservieren, sie erhalten und dann, wenn es in die Ausstellung geht, in der erwünschten Lesbarkeit darstellen?
Ohje, ich glaube wir brauchen unbedingt ein vollständiges Campinggeschirr-Set.
11
Das denke ich auch. [ Wir lachen ] Die Vollständigkeit ist super wichtig, damit Betrachter*innen das Objekt verstehen können, besonders das Stapelprinzip und dass die erstaunlich vielen Einzelteile in eine Kanne passen. Also überlegen wir, wie sich das Set vervollständig lässt. Finden wir ein zweites Exemplar, um die Lücken zu füllen, besser gesagt zu ergänzen, oder erstellen wir Rekonstruktionen der fehlenden Komponenten – das müssen wir dann verhandeln.
Das Material tritt als sehr entscheidendes Element auf.
Wie kannst Du das Material verlässlich bestimmen?
12
Jetzt kommen wir zur Kunststoffidentifizierung: Dabei versuchen wir das Material, wenn uns keine analytischen Untersuchungsmethoden zur Verfügung stehen, mit unseren Sinnen wahrzunehmen und so zu bestimmen. Dazu gehört, klar, das Sehen, aber auch riechen, fühlen und hören. Mit dem Objekt erzeugen wir ein Geräusch, indem wir es vorsichtig über den Tisch rollen, oder sachte mit einem Metallring dagegen klopfen. Besonders der Klang ist ein starkes Unterscheidungsmerkmal und zusammen mit dem Geruch, der Haptik und der Erscheinung lassen sich Materialien sehr gut identifizieren. Das ist so das erste typische Vorgehen.
Wirklich beeindruckend ist es, erfahrene Restaurator*innen bei der Kunststoffidentifizierung zu beobachten. Schon die Art und Weise, wie sie sich dem Objekt annähern, darauf blicken, es anheben, drehen und wenden ist sehr besonders – das ist so schön, eben echte Profis mit wahnsinnig viel Erfahrung. Aber jetzt gerate ich ins Schwärmen …
… ganz passend dazu, ist der Begriff Spurensuche. Ich erinnere mich an das Seminar, als Du die Begutachtung der Objekte mit einer Form der Spurensuche beschrieben hast.
Was verstehst Du darunter?
13
Mir geht es um die Gesamtheit der Spuren. Auffällig ist, dass bei der reinen Kunststoff-
identifizierung, die nach wie vor total wichtig ist, das Objekt insgesamt sehr viel mehr zu erzählen hat. [ Sie nimmt eine Tasse aus dem Set des Campinggeschirrs behutsam in beide Hände und beginnt sie zu mustern. ] Diese Tasse kann ich, wie wir es gemeinsam im Seminar gemacht haben, technologisch beschreiben: Dimensionen, Gewicht, Füllmenge … wir wissen Bescheid. Ich kann aber auch direkt am Objekt einen kulturellen Kontext ablesen, beispielsweise kann ich sehen, dass es ein beanspruchter Gebrauchsgegenstand ist. Der Stempel an der Unterseite und die hier gleichmäßigen Rillen und Grate [ Sie deutet auf den oberen Rand und die Wölbung ] zeigen mir Herstellungsspuren. Die kleine Spurensammlung ergänzt sich mit der Kunststoffidentifizierung und verrät mehr über Material und Kulturkontext. Weiter geht’s mit Gebrauchsspuren, wie etwa vom Kaffee verfärbte Innenflächen, die aber fein von Alterungsspuren des Materials zu unterscheiden sind. Besonders Verfärbungen könnten auch typische Anzeichen für alternden Kunststoff sein. Jetzt löst sich die Zustandsbeschreibung schleichend vom Objekt und fügt zusätzliche Informationen von außen hinzu.
Eine kurze Zusammenfassung, um nichts zu vergessen: Wir haben Herstellungsspuren, Gebrauchsspuren
und Alterungsspuren …
14
… und bei allen können Schäden auftauchen, die wiederrum einzuordnen sind.
[ Sie macht eine kleine Pause. ] Spuren geben einem Objekt seine Geschichte, führen aber auch zum Schaden. Tja, und wo ist da die Grenze? Ist ein Schaden nicht auch eine Spur und wo schreite ich dann als Restauratorin ein? Auf jeden Fall sind die Grenzen der Spuren fließend! Das macht ihre Definition so schwierig und selten klar. Gleichzeitig ist es aber total spannend. Ganz zufällig ist das auch ein Schwerpunkt meiner Dissertation, an der ich gerade arbeite.
[ Sie grinst ]
Ich erinnere mich gut an einen Moment des Seminars, als sich die Spurensuche, wie Du sagst, vom Objekt löste und wir teilweise in lebhafte Mutmaßungen über eine Urlaubskultur in der DDR gerieten. Das Interesse schien sich zu überschlagen und führte immer weiter in neue Wissensgebiete. Nach ersten Recherchen wurden fairerweise auch einige, abstruse Vorstellungen wieder beiseitegelegt.
15
Das stimmt, es war lustig Euch dabei zuzuhören und selbstverständlich ist jede Spurensuche und jedes Vorgehen immer etwas flexibel und subjektiv geprägt. Mitunter passiert
es mir auch, dass sich die Recherchen immer weiter wegbewegen, hier und da auch zu weit führen. Dann hilft es sehr, der Forschungsfrage treu zu bleiben, in ihrem Sinne zu handeln und die Nachforschungen dementsprechend einzugrenzen – auch wenn’s noch so spannend ist. Gleichzeitig mag ich‘s immer sehr zu sehen, wie sich persönliche Interessenfelder eröffnen.
Vielleicht ist die Kaffeetasse des Campinggeschirrs gleich noch ein weiteres gutes Beispiel.
Denn Inwiefern würdest Du vorschlagen die Tasse zu restaurieren, sagen wir, für die Jahresausstellung
der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle?
16
Das Campinggeschirr ist schon echt in einem ordentlichen Zustand. Wir haben keine Risse oder Sprünge, die eine Beeinträchtigung der Gesamtstabilität darstellen könnten. Und wir finden keine Zeichen eines rasch fortschreitenden Alterungsprozess, der absehbar tiefgründig auf die Materialstruktur einwirkt. Also darüber bin ich schon sehr glücklich. Schauen wir bei der Tasse ganz genau hin, entdecken wir die schon erwähnten Rillen am oberen Rand. Da denkt man schnell an einen Schaden, doch unter dem Mikroskop haben wir festgestellt, dass es sich um Schleifspuren handelt, die wir der Herstellung zuordnen können. Ach, da haben wir unser Beispiel: [ Sie lächelt zufrieden ] Schaden ist nicht gleich Schaden. Hier ist die Herstellungsspur sogar als Erhaltungswert zu verstehen. Denn die Schleifspur verrät ein bisschen von der Produktionsweise, ohne die Lesbarkeit des Objekts für Betrachter*innen zu stören.
Meinst Du, ein Kitten oder Schließen der Rillen kommt einer Verfälschung gleich?
17
Ja! Wir würden einen Objektzustand erscheinen lassen, der niemals existiert hat. Das ist ein bisschen wie lügen. [ Sie denkt kurz nach ] Doch etwas hätten wir für die Jahresausstellung zu erledigen: Die Reinigung und Säuberung der Oberflächen. Denn besonders langfristige Verschmutzungen entwickeln Schäden am Objekt. Tja, das wär’s schon aus meiner Sicht – das Campinggeschirr ist eben in einem guten Zustand.
Eine letzte, abschließende Frage. Im Laufe der Zeit finden einige Restaurierungen statt, jede ganz besonders und individuell in ihrer Weise. Und auch Wissen und Umgangsformen zu und mit den Objekten entwickeln sich immer weiter.
Wie kannst Du dich an vorhergegangene Arbeiten erinnern und auf Deine Erfahrungswerte zurückgreifen?
18
Ich bleibe bei der Nachvollziehbarkeit durch Dokumentation. Dort ist alles festgehalten: Der ursprüngliche Zustand, was wurde restauratorisch am Objekt umgesetzt und welche Materialien wurden dafür verwendet. Deshalb legen wir sogar Datenblätter über die Zusammensetzung der Restaurierungsmaterialien bei. Oft haben wir langfristig gesehen mit Weiterentwicklungen zu tun, dessen Materialgemisch bei gleichbleibenden Namen Änderungen aufweisen. Unter Umständen schlecht für schadensfreie, reversible Arbeiten. Darum ist es hilfreich so viele Informationen wie möglich in der Dokumentation zu sammeln. Nicht nur für mich, sondern auch für andere die sich fortlaufend mit dem Objekt befassen werden. Dann muss die Dokumentation „nur noch“ beim Objekt bleiben.
Und wie steht es um das kontextuell recherchierte Wissen zum Objekt?
19
Du denkst speziell an das Wissen zur Urlaubskultur der DDR, durch die Recherchen zum Campinggeschirr-Set, stimmt’s? [ Ich nicke und stimme ihr zu. ] Das darf mit in die Dokumentation, muss aber nicht. Absolut alles, das mit dem Objekt direkt zu tun hat ist wertvoll festzuhalten. Wenn es sich eher um die Urlaubskultur der DDR im Allgemeinen handelt, liegt es ganz bei der Entscheidung der Verfasser*in.
Helena, vielen lieben Dank für das tolle Gespräch.
20
Danke! Sehr gern geschehen.
Hans Merz
Campinggeschirr-Set 1957—1968